04.02.2025, 13:12
Gerüchte über Übergewicht und interne Unzufriedenheit bei den Mavs
Die Dallas Mavericks haben sich nach nicht einmal sieben Jahren dafür entschieden, in der Zukunft lieber gegen Luka Doncic zu wetten. Was führte zu dieser Entscheidung - und haben die Mavs womöglich Recht mit dieser Einschätzung?
Man kann die Geschichte der Liga von vorn bis hinten durchforsten. Einen Präzedenzfall gibt es nicht. Natürlich haben schon Teams ihre Stars getradet - aber keine Stars dieser Art, nicht auf eigenen Wunsch, in einer Situation, in der das Team gerade die Finals erreicht hat. Dieser Trade ist einzigartig - nicht zuletzt deshalb, weil er so vieles in sich vereint.
Die Schockwellen, die noch immer durch die Liga wabern. Die Ungläubigkeit aller Beobachter, dass vom abgebenden Team gar nicht erst der Versuch gestartet wurde, ein Wettbieten zu entfachen. Der vermeintliche "Win Now"-Aspekt, obwohl es sehr diskutabel ist, ob das Team dadurch wirklich besser dafür gerüstet ist, in der Gegenwart oder sonst irgendwann etwas zu gewinnen. Die Verzweiflung und Wut nahezu der gesamten Fan-Basis.
Und vor allem: Die Tatsache, dass ein Team, das Luka Doncic seit fast sieben Jahren kennt und als zentrale Figur erlebt hat, sich so eindeutig dafür entschied, gegen ihn zu wetten - gegen Titel, gegen den Status als All-Time-Great, den ihm die ganze Basketball-Welt seit mittlerweile fast einer Dekade zutraut oder schon andichtet.
Dieser Trade ist eine Demütigung für Doncic. Eine Abkehr, mit der wohl auch er nicht ansatzweise gerechnet hat - es ist kein Wunder, dass er in seinem Abschiedsschreiben nur die Mavs-Fans, aber niemanden in der Organisation erwähnt hat. Diese hat ihm schließlich unmissverständlich klargemacht, was sie wirklich von ihm hält.
Was steckt dahinter?
Vorweg: Der Prozess hinter dem Trade ist nicht zu rechtfertigen. Wir werden es hier nicht versuchen. Die hier gestellte Frage ist eher, ob es generell angebracht sein könnte, gegen die Zukunft des Slowenen zu wetten - ob Nico Harrison womöglich recht hat, dass Doncic nicht mehr lange ein Superstar sein wird und seinen Zenit schon erreicht hat?
Einige offensichtliche Probleme existieren bei Doncic seit Jahren. Die Mavs haben sie nicht geheim gehalten - Coach Jason Kidd etwa hat wiederholt kritisch über Doncic‘ Kondition und Verhalten gegenüber den Schiedsrichtern gesprochen. Dass beides nicht optimal war, ließ sich auf dem Court ohnehin von jedem beobachten.
Doncic hat etwas divenhaftes; die Tendenz, zu viel zu meckern und den Fokus auf Wichtigeres (Defense etwa) zu verlieren. Neben dem Court ernährt er sich nicht professionell und trainiert nicht mit der Intensität von anderen Superstars, welche die Liga über Ären geprägt haben. Berichten zufolge hängen ihm die Mavs damit seit Jahren in den Ohren.
"Wer nimmt während einer Saison zu, wenn er 40 Minuten pro Spiel auf dem Court steht?", schimpfte während der vergangenen Saison ein Mavs-Mitarbeiter gegenüber ESPN. Diese Beschwerden blieben nicht alle anonym; nachdem Dallas Ende Mai die Finals erreichte, nahm Assistant GM Michael Finley dem feiernden Doncic unangekündigt die Dose Bier aus der Hand.
Doncic hörte sich diese Beschwerden an. Er gelobte immer wieder Besserung - für Gewicht und Ernährung stellte er ein eigenes Team ein, das er aus seiner Tasche bezahlte. Resultate stellten sich jedoch nicht ein, jedenfalls nicht nach den Wünschen der Mavericks.
Für die neue Saison erschien Doncic abermals nicht in Topform. 245 Pfund (rund 111 kg) halten die Mavs für Lukas Idealgewicht - er lag mindestens 20 Pfund drüber. Ende November ließ ihn Dallas für elf Tage pausieren, in denen er abnehmen sollte (offiziell waren Schmerzen am Handgelenk der Grund).
Im Dezember kehrte Doncic zurück, war für sechs Spiele sein dominantes altes Selbst (und Dallas sah aus wie ein Contender). Er setzte zweimal aus, dann folgten schon seine letzten beiden Spiele für Dallas. Am 25. Dezember verletzte er sich an der linken Wade, nicht zum ersten Mal, und sitzt seither draußen.
Dem Vernehmen nach überzeugte diese Verletzung die Mavs endgültig davon, dass das Risiko zu groß ist und es nicht ratsam wäre, diesem Spieler im Sommer den größten Vertrag der NBA-Geschichte (5 Jahre, 345 Mio. Dollar) anzubieten. Schon Anfang Januar machten sie sich daran, den perfekten (korrigiere: den einzigen!) Trade für ihn zu finden.
Alle Kritikpunkte sind legitim. Es lässt sich dafür argumentieren, dass nur Disziplin und Einstellung verhindern, dass er auf Augenhöhe mit Nikola Jokic oder über ihm steht. Natürlich besteht die Chance, dass er, wenn er sein Gewicht nicht optimiert, früher oder später deutlich schwerere Verletzungen erleiden wird und gar nicht erst auf dieses Level kommen wird.
Auch oder gerade deshalb allerdings wirkt dieser Trade wie eine gigantische Überreaktion, oder zumindest wie ein Schnellschuss. Doncic ist nicht Zion Williamson - er verpasst regelmäßig Spiele, ja, vor dieser Saison allerdings hat er immer zwischen 61 und 72 Spielen absolviert, ab seiner zweiten Saison immer das All-NBA First Team erreicht. Das ist kein ewiges Talent, das "nur" Potenzial hat. Legenden wie Stephen Curry oder, natürlich, Anthony Davis haben in deutlich längeren Karrieren nicht diese Anzahl an First Teams erreicht.
Er ist auch mitnichten ein purer Zahlensammler in der Regular Season. In den Playoffs ist Doncic‘ Wert noch höher, weil für sein Skillset kaum zu planen ist - und er ist dort zur Stelle. Spiele verpasst hat er in der Postseason lediglich 2022 mal, als er die ersten drei Spiele der ersten Runde verpasste und die Mavs danach in die Conference Finals führte.
Erst vor rund sieben Monaten führte er sie sogar noch eine Runde weiter, trotz Verletzungen. Das Celtics-Matchup lag ihm dann überhaupt nicht - Doncic zahlte Lehrgeld, wurde nach Spiel 3 öffentlich von ESPN-Mann Brian Windhorst angezählt, der danach verwundert war, dass niemand aus der Mavs-Franchise ihren Superstar verteidigen wollte.
Auch damals war die harsche Kritik angebracht. Gegen das bis dahin beste Offensiv-Team der NBA-Geschichte konnten die Mavs Doncic nicht verstecken, anders als in den vorigen Serien. Er ließ sich frustrieren und gab kein gutes Bild ab. Was auch schon bei einigen anderen Niederlagen der Fall war, auch in Spielen mit der Nationalmannschaft Sloweniens.
Und … das war’s? Zumindest ist das der Informationsstand, der nach außen gedrungen ist. Vielleicht führte sich Doncic intern auf wie der letzte Mensch. Dann hätte Dallas für ihn trotzdem mehr herausschlagen können, aber - nun, das ist ein anderes Thema. Irgendwie wirkt es noch immer so, als würde eine zentrale Information fehlen, um die Mavs wirklich zu verstehen.
Die Probleme wirken nämlich allesamt lösbar. Die Tatsache, dass er schon seit zehn Jahren als Basketball-Wunderkind bekannt ist, täuscht darüber hinweg, dass er 25 Jahre alt ist und Zeit hat, um Lektionen zu lernen. Auch Jokic etwa, sein bester Kumpel in der Liga, war in diesem Alter konditionell noch auf einem anderen Niveau als bei der Meisterschaft, die er 2023 (im Alter von 28 Jahren) mit den Nuggets gewann.
Vielleicht geht bei Doncic nie in dieser Form das Licht an - dann hätte man in ihm konservativ formuliert vorerst immer noch einen Top-5-Spieler, mit dem in den Playoffs durchaus verteidigt werden kann und mit dem tiefe Runs möglich sind (siehe: 2022 und 2024). Vielleicht geht das Licht aber auch doch an. Und was ist dann möglich?
Doncic ist (nach ihrem Namensgeber) die prominenteste Werbefigur der Jordan Brand. Definiert wird diese Marke nicht zuletzt dadurch, jede auch noch so kleine Respektlosigkeit persönlich zu nehmen. Dies ist keine kleine Respektlosigkeit, im Gegenteil. Sie ist riesgengroß. Diesen Trade kann und muss Doncic persönlich nehmen.
Den Arbeitseifer eines Michael Jordans hat Luka bisher nicht gezeigt. Den Willen, seine Gegner vorzuführen und zu demütigen, hat er aber zweifelsohne - dafür muss man sich lediglich bei den Suns erkundigen, oder bei Rudy Gobert. Die Mavs sollten von jetzt an weit oben auf der Liste derjenigen stehen, denen Doncic etwas beweisen möchte.
In LeBron James hat er in L.A. in Sachen Fitness zudem den bestmöglichen Mentor. Wer weiß: Vielleicht bekommen die Mavs durch diesen Trade endlich das, was sie von Doncic immer wollten. Vielleicht ist diese Demütigung genau das richtige, um das grenzenlose Potenzial des Wunderkindes endgültig freizulegen.
Ole Frerks