27.09.2024, 09:51
Neues Personal, neue Identität?
Nach dem Abgang von Thompson ist klar: Warriors-Fans bekommen nicht das romantische Ende ihres Erfolgstrios. Um das Titelfenster doch nochmal zu öffnen, erforderte es harte Entscheidungen. Die Offseason-Analyse der Golden State Warriors.
Nach einer enttäuschenden letzten Saison, in der sich die Warriors bereits in den Play-Ins den Sacramento Kings geschlagen geben mussten, gab es Klärungsbedarf. Die größte Fragestellung, die wie ein Damoklesschwert über San Francisco herrschte, war die nach der Zukunft von Klay Thompson.
Doch entgegen der Hoffnungen vieler Warriors-Anhänger wird der Edelschütze nicht mit Stephen Curry, der seinen Vertrag um ein weiteres Jahr verlängerte, und Draymond Green Arm in Arm in den Sonnenuntergang reiten. Zu unterschiedlich die Gehaltsvorstellungen, zu groß die Luxussteuersorgen der Warriors.
Neben Klay ließen die Warriors auch Chris Paul von dannen ziehen - ein weiterer teurer Vertrag. Stattdessen nutzte GM Mike Dunleavy Jr. den gewonnenen finanziellen Spielraum und nahm mit De'Anthony Melton, Buddy Hield und Kyle Anderson drei vielversprechende Rollenspieler unter Vertrag, die beiden letztgenannten sogar langfristig.
Ob des fehlenden Erstrundenpicks warf man in der Bay Area nur ein Auge auf den diesjährigen Draft. Am Ende der zweiten Runde entschieden sich die Dubs für den Center Quinten Post. Der Niederländer, der in der Jugend auch mal eine Saison bei Alba Berlin spielte, überzeugte in der Summer League als solider 3-and-D-Big und erntete umgehend einen Two-Way-Vertrag.
Zugänge: De'Anthony Melton (Philadelphia 76ers), Kyle Anderson (Minnesota Timberwolves), Buddy Hield (Philadelphia 76ers), Lindy Waters III (Oklahoma City Thunder)
Abgänge: Chris Paul (San Antonio Spurs), Klay Thompson (Dallas Mavericks), Dario Saric (Denver Nuggets), Usman Garuba (Real Madrid)
Spieler | Position | 24/25 | 25/26 | 26/27 | 27/28 | 28/29 |
---|---|---|---|---|---|---|
Stephen Curry | Guard | 55,8 | 59,6 | 62,6 | RFA | |
Andrew Wiggins | Forward | 26,3 | 28,2 | 30,2 | RFA | |
Draymond Green | Forward | 24,1 | 25,9 | 27,7 | RFA | |
De'Anthony Melton | Guard | 12,8 | UFA | |||
Gary Payton II | Guard | 9,1 | RFA | |||
Kyle Anderson | Forward | 8,8 | 9,2 | 9,7*** | RFA | |
Buddy Hield | Guard | 8,8 | 9,2 | 9,7*** | 10,1* | RFA |
Kevon Looney | Center | 8,0 | RFA | |||
Jonathan Kuminga | Forward | 7,6 | RFA | |||
Moses Moody | Guard | 5,8 | 11,6 | 12,5 | 13,4 | UFA |
Brandin Podziemski | Guard | 3,5 | 3,7 | 5,7** | RFA | |
Lindy Waters III | Forward | 2,2*** | RFA | |||
Trayce Jackson-Davis | Center | 1,9 | 2,2*** | 2,4** | RFA | |
Gui Santos | Forward | 1,9*** | 2,2** | RFA |
* Spieler-Option, ** Team-Option, *** nicht garantiert, UFA = Unrestricted Free Agent, RFA = Restricted Free Agent
Das Titelfenster der Warriors hat sich mit aller Wahrscheinlichkeit geschlossen. Das dürfte inzwischen auch den Verantwortlichen klar geworden sein, weshalb sie den irrationalen Verbleib im Bereich der zweiten Aprons unterbunden haben.
Durch die Abgänge von Thompson und Paul schaffte die Franchise Gehaltsspielraum, den sie sicherlich gerne an einen Star wie Paul George oder Lauri Markkanen vergeben hätten. Mittlerweile sind die besten Optionen jedoch allesamt vom Tisch.
Nun leiden die Warriors aber immerhin nicht mehr unter den harten Restriktionen zu hoher Gehälter. Zudem fand man mit Melton und Hield zwei Alternativen zur sportlichen Sackgasse der vergangenen Saison, sind die beiden mit 26 respektive 31 Jahren schließlich weitaus jünger als Thompson (34) und Paul (39).
Im besten Fall erweisen sich die Neuzugänge als sportliche Stützpfeiler, die bis zur Trade Deadline als hilfreiches Asset für einen größeren Namen dienen. Mit einem Superstar wie Stephen Curry, dessen Prime scheinbar (wir erinnern uns alle an Olympia) noch lange nicht am Ziel ist, gibt es keinen Weg zurück. Es gibt keine Alternative als ein Titelanwärter zu sein.
Wie schon in der vergangenen Jahren fehlt den Warriors weiterhin ein wahrer Center - sowohl vorn als auch hinten. In der Offensive kann zwar Draymond Green die Rolle als "Hub" einnehmen, der inner- oder außerhalb der Zone den Ball verteilt. Nun ist gutes Ballmovement aber sehr anstrengend und, wie die Warriors in der vergangenen Saison zeigten, auch anfällig für Ballverluste.
Eine effiziente Alternative wären Pick-and-Rolls - die Betonung liegt auf "wären". Schließlich beherrschen die Dubs das Play so schlecht wie nur wenige andere Mannschaften in der Liga. Hier fehlt es an einem Big Man, der sich abrollen kann und auch über den finalen Kickout-Pass verfügt - ähnlich wie es Bogut früher tat.
Am defensiven Ende die gleiche Leier. In den drei Metern um den Korb zählen die Warriors (prozentual gesehen) zu den anfälligsten Teams der Liga. Es fehlt auch hier ein wahrer Ringbeschützer.
Offensiv wie defensiv waren die Warriors vergangene Saison nicht mehr als Mittelmaß. Mit Thompson und Paul hat das Team zudem zwei gestandene NBA-Stars verloren, deren Erfahrung und Leistung es erst einmal zu ersetzen gilt.
Gleichzeitig haben die Verantwortlichen einige spannende Neuverpflichtungen eingefädelt. Zudem ist zu beobachten, welchen Einfluss Jonathan Kuminga haben wird, der eine überzeugende zweite Saisonhälfte 2023/24 gespielt hat.
Dennoch haben es die Warriors verpasst, an den großen Stellschrauben zu drehen und einen neuen Star nach San Francisco zu lotsen. Sollte das auch bis zum Ablauf der Trade-Deadline nicht passieren, wäre die erste Playoff-Runde wohl das höchste der Gefühle.
jos