24.09.2024, 15:00
Cavs setzen auf Stabilität
Die Cleveland Cavaliers haben eine überraschend ruhige Offseason hinter sich. Das Team hat sein Gerüst gehalten, Tritt aber auf der Stelle. Abhilfe könnte eine große Veränderung bringen.
Vor dem Sommer war Cleveland bei vielen Experten als einer der Dreh- und Angelpunkte der Free Agency prognostiziert worden, einige Monate später lässt sich festhalten, dass genau das Gegenteil der Fall eingetreten ist. Cleveland ist das einzige Team der Liga (Two-Way Player JT Thor ausgenommen), das keinen einzigen Neuzugang via Free Agency oder Trade präsentiert hat.
Im Hintergrund gab es dafür umso mehr Bewegung. Mit Donovan Mitchell (3 Jahre/150 Mio. Dollar), Evan Mobley (5 Jahre, 224 Mio. Dollar) und Jarrett Allen (3 Jahre/90 Mio. Dollar) hat das Front Office drei ihrer vier Leistungsträger (Darius Garland ist ohnehin noch bis 2028 unter Vertrag) mit langfristigen Verträgen ausgestattet. Vor allem bei Mitchell darf das als großer Erfolg gewertet werden, um den Star-Guard gab es schließlich schon seit seiner Ankunft in 2022 Gerüchte, dass er nicht vorhabe, langfristig in Ohio zu bleiben.
In Cleveland tat man im Sommer augenscheinlich auch alles, um Mitchell von einem Verbleib zu überzeugen. Head Coach J. B. Bickerstaff wurde trotz der ersten gewonnenen Playoff-Serie seit LeBron entlassen, Gerüchten zufolge waren einige Spieler mit ihm "nicht auf derselben Page". Stattdessen ist jetzt Kenny Atkinson der neue Mann an der Seitenlinie, für den Mitchell sich intern stark gemacht haben soll. Neu ist auch der ehemalige Jazz-Co-Trainer Johnnie Bryant, der zu Utah-Zeiten eng mit Mitchell war.
Zugänge: JT Thor (Charlotte Hornets), Jaylon Tyson (Draft)
Abgänge: Damian Jones (Zhejiang Chouzhou)
Starter | 2nd | 3rd |
---|---|---|
Darius Garland | Craig Porter Jr. | Ty Jerome |
Donovan Mitchell | Caris LeVert | Sam Merrill |
Max Strus | Isaac Okoro | Jaylon Tyson |
Evan Mobley | Dean Wade | |
Jarrett Allen | Tristan Thompson | Pete Nance |
Obwohl die "Big Four" in Cleveland durch die Verlängerungen jetzt mindestens drei Jahre zusammen unter Vertrag stehen, kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Cavs auf der Stelle treten. Wenn Mobley und/oder Garland nicht einen großen Schritt nach vorne machen in der kommenden Saison, ist das Limit dieses Teams maximal die zweite Playoff-Runde - für alles andere ist die Konkurrenz einfach zu stark.
Natürlich ist aber auch nicht gesagt, dass der große Umbruch, der in der Free Agency erwartet wurde, nicht noch kommt. Wenn die Cavs-Saison nicht wie erwartet läuft, wäre es nicht verwunderlich, würde das Front Office das Duo Mitchell-Garland und/oder Mobley-Allen aufbrechen. Um Garland (Spurs, Lakers) gab es in der Offseason schon Gerüchte, die vergangene Saison hat seinen Wert jedoch deutlich in den Keller gedrückt.
Für den Moment muss Cleveland aber hoffen, dass Garland seine schwache Vorsaison (18 Punkte und 6,5 Assists bei vielen Verletzungen) überwunden hat und Mobley sein offensives Skillset noch weiter ausbaut. Der 23-Jährige hat sich mittlerweile einen Dreier angeeignet, wirkt aber offensiv oft noch zu unsicher in seinen Aktionen. Wäre er ein zuverlässiger 20-Punkte-Scorer (das Potenzial dafür hat er allemal), würde das die Cavs-Offensive deutlich schwerer auszurechnen machen.
Wie schon angesprochen, haben die Cavs ein Spacing-Problem. Allen kann nicht werfen, Mobley macht es nicht gerne und der potenziell fünfte Starter, Max Strus, kann nicht verteidigen. Die Big Men sind defensiv aber überlebensnotwendig, da der kleine Backcourt um Garland (1,85 Meter) und Mitchell (1,91 Meter) keinen gegnerischen Angreifer einschüchtert.
Für Abhilfe hätte hier ein wurfstarker 3-and-D-Wing gesorgt, die Nets wollte Ex-Maverick Dorian Finney-Smith Berichten zufolge aber nicht für Okoro abgeben. Da hilft es auch nicht, dass die direkte Konkurrenz - New York Knicks (Mikal Bridges), Philadelphia 76ers (Paul George) und Orlando Magic (Kentavious Caldwell-Pope) - sich genau in diesem Bereich deutlich verbessert hat.
Aus Cavs-Sicht bleibt zu hoffen, dass Nr.20-Pick Jaylon Tyson die Erwartungen übertrifft. Der kräftige Forward, der auch verteidigen kann, hat in der Summer League mit einem Beinahe-Triple-Double zumindest schon für Aufsehen gesorgt.
Vergangenes Jahr haben die Cavs sich in einem engen Schlussspurt Platz vier und den Heimvorteil gesichert, dieses Jahr müssen alle Beteiligten sich eher weiter nach unten orientieren. Orlando, Philly und Indiana sind allesamt besser geworden und machen sich an, Cleveland den Rang abzulaufen.
Die Cavs könnten sich also gut und gerne kommendes Frühjahr im Play-In wiederfinden - spätestens danach sollte dann aber der große Knall kommen.
Gianluca Fraccalvieri