03.12.2024, 09:34
Nationalspieler endlich mit wichtiger Rolle
Nach vier enttäuschenden Jahren in München mit mehreren Leihgeschäften ist Nationalspieler Nelson Weidemann im Sommer bei ratiopharm Ulm untergekommen. Der 25-Jährige spielt eine starke Saison für die Donauschwaben und ist ein wichtiger Faktor für die bislang so erfreuliche Saison des Meisters von 2023.
Tabellenführer in der Bundesliga, dazu eine aussichtsreiche Position im EuroCup für das Weiterkommen - viel besser hätte ratiopharm Ulm nicht in die Saison starten können. Dem Team ist der kleine und erwartbare Umbruch fast nahtlos gelungen, auch weil die Ulmer auf dem Transfermarkt mal wieder ein glückliches Händchen bewiesen.
Dabei gab es vor der Saison durchaus Zweifel an der Kaderzusammenstellung. Insbesondere die Besetzung auf der Eins wurde mit Argusaugen beäugt. Der 18-jährige Ben Saraf sollte in die Fußstapfen des nur drei Jahre älteren Juan Nunez (FC Barcelona) treten, als Backup kam Nelson Weidemann, der in der Vorsaison bei den Bayern nur wenig spielte und in seinen Minuten kaum überzeugen konnte.
In Ulm ist dies anders, Weidemann hat eine klare Rolle, steht durchschnittlich 20 Minuten pro Partie auf dem Feld und legt dabei in allen Wettbewerben 7,9 Punkte bei einer Dreierquote von 37,7 Prozent auf. Der 25-Jährige wird wieder gebraucht, ähnlich wie bei seinen zwei Jahren in Chemnitz, als er ein wichtiger Rollenspieler war.
Spiele | MIN | PTS | FG% | 3P% | AST |
---|---|---|---|---|---|
18 | 19,5 | 7,9 | 41,9 | 37,7 | 2,0 |
"Ich bin dankbar und sehr zufrieden, wie es gelaufen ist", sagt Weidemann im Gespräch mit basketball-world.news über seine neue Situation. "Ulm hat ein tolles Umfeld, ein super Management und einen guten Trainer. Das passt einfach." Der Guard spürt das Vertrauen von Coach Ty Harrelson und dankt es mit ebenso guten Leistungen.
Nicht selten stand Weidemann in engen Spielen am Ende auf dem Feld, mit seiner Energie und aggressiven Defense konnte der Nationalspieler schon einige Male das Momentum auf die Seite seiner Mannschaft bringen. Zum Beispiel gegen das erfahrene ACB-Team Badalona, als Weidemann mit acht Zählern am Stück die Ulmer auf die Siegerstraße brachte oder wie zuletzt in Bonn, als der Guard 17 Zähler verbuchte und mithalf, dass Ulm nun von der Tabellenspitze grüßt.
Das ist durchaus erstaunlich, schließlich spulte der Meister von 2023 in dieser Saison bereits ein sehr straffes Programm ab. Unter anderem reisten die Ulmer für sechs Auswärtsspiele in gut zwei Wochen rund 30.000 Kilometer rund um den Globus, gekrönt mit dem Auftritt in der NBA Preseason bei den Portland Trail Blazers.
Über Sinn und Unsinn dieser Reise während der Saison lässt sich sicherlich streiten, dennoch gab es aus dem Ulmer Umfeld keinerlei Klagen über das Programm. "Das war tough, aber ich würde diese Reise zu 100 Prozent noch einmal machen", beteuert Weidemann und fügt an: "Das nimmst du mit, auch wenn die Knochen danach schwer waren, weil es eine einmalige Gelegenheit war und es mein Job ist."
Um Disziplin gegenüber dem eigenen Körper ginge es, um Widerstandsfähigkeit. Eigenschaften, die Weidemann auch in der schweren Zeit in München halfen. "Ich habe dort so vieles erlebt und das hat mich abgehärtet und ich kann mir nicht vorstellen, dass mich irgendwas noch brechen kann."
Zwar fielen die Ulmer bei ihrem Marathon-Trip in ein kleines Loch und kassierten im EuroCup heftige Schlappen in der Fremde, doch mit dem Coup bei der Millionentruppe von Hapoel Tel Aviv sowie dem deutlichen Erfolg bei den Telekom Baskets Bonn sind die Donauschwaben spätestens jetzt wieder voll im Soll.
Am Dienstag wartet mit dem sieglosen Trefl Sopot aus Polen ein machbarer Gegner in der ratiopharm Arena, danach kann das Harrelson-Team aufgrund des Pokal-Wochenendes (Ulm unterlag in der Marathon-Woche in Bamberg durch einen Buzzerbeater) ein wenig durchschnaufen.
Das gilt dann auch für Weidemann, der zwischendurch auch noch für die Nationalmannschaft im Einsatz war. Eine Absage stand für den 25-Jährigen nicht im Raum, wirklich glücklich waren seine Auftritte jedoch nicht. Vor allem im zweiten Spiel stand Weidemann klar im Schatten von Jack Kayil, den der Ulmer schon zuvor "als sehr, sehr talentierten jungen Spielmacher" bezeichnete.
Zusammen mit Kayil, Justus Hollatz und Ivan Kharchenkov steht Weidemann für die neue Guard-Generation beim DBB, vielleicht klappt es ja irgendwann mal mit der Nominierung für ein großes Turnier. "Natürlich hoffe ich, mal auf den Zug aufzuspringen, aber wenn es nicht klappt, bricht für mich auch keine Welt zusammen", beteuert der ehemalige Münchner.
Bis dahin liegt der Fokus auf ratiopharm Ulm und dem Versuch die starken Leistungen der ersten Wochen und Monate zu konservieren. Weidemann und Ulm - bislang passt das einfach.
Robert Arndt