15.09.2024, 07:20
Die Offseason der Spurs
Die San Antonio Spurs waren in der Vorsaison trotz der Ankunft von Victor Wembanyma eines der schlechtesten Teams der NBA. Dennoch gab es bereits Anzeichen, dass dies nicht mehr lange so sein wird. Auch die Moves im Sommer deuten darauf hin.
Die Spurs waren im Sommer in einer komfortablen Situation. Teil eins des Neuaufbaus ist bereits abgeschlossen, da sie ihren kommenden Superstar in Victor Wembanyama schon in den eigenen Reihen haben. Stattdessen war die Frage, wie aggressiv die Spurs diese Offseason angehen würden?
Gewählt wurde ein Mittelweg. Die Spurs nutzten ihren Capspace, um bei einem Drei-Team-Trade mit Sacramento und Chicago den Vertrag von Harrison Barnes aufzunehmen und erhielten dafür sogar noch einen Pick-Swap für das Jahr 2031 von den Kings. San Antonio erhielt somit ein weiteres Asset für die Zukunft sowie einen erfahrenen Spieler, der den zahlreichen jungen Spielern helfen kann.
Noch mehr Routine bringt Chris Paul mit, der sich etwas überraschend als Free Agent dem Team anschloss. Der 38-Jährige mag zwar nicht mehr die Qualität vergangener Tage haben, bringt aber Leadership und eine ordnende Hand auf dem Feld. Das ging den Spurs im Vorjahr ab, nun soll CP3 dem Team Struktur verleihen und es insbesondere Wembanyama in der Offense etwas leichter machen.
Im Draft hatten die Spurs den vierten Pick und wählten mit Stephon Castle einen wuchtigen Guard aus, der im Idealfall mal die Geschicke von Paul übernehmen könnte. Mit dem Ex-Ulmer Juan Nunez wurde in der zweiten Runde ein weiterer Spielmacher ausgewählt, der Spanier soll aber erst einmal beim FC Barcelona in der EuroLeague weitere Erfahrungen sammeln.
Zugänge: Stephon Castle (Draft), Chris Paul (Golden State Warriors), Harrison Barnes (Sacramento Kings)
Abgänge: Devonte’ Graham (Portland Trail Blazers), Cedi Osman (Panathinaikos), Dominick Barlow (College Park Skyhawks)
Spieler | Position | 24/25 | 25/26 | 26/27 | 27/28 | 28/29 |
---|---|---|---|---|---|---|
Devin Vassell | Guard | 29,3 | 27,0 | 27,0 | 24,7 | 27,0 |
Keldon Johnson | Forward | 19,0 | 17,5 | 17,5 | UFA | - |
Harrison Barnes | Forward | 18,0 | 19,0 | UFA | - | - |
Zach Collins | Center | 16,7 | 18,1 | UFA | - | - |
Victor Wembanyma | Center | 12,8 | 13,4** | 16,9** | RFA | - |
Chris Paul | Guard | 10,5 | UFA | - | - | - |
Stephon Castle | Guard | 9,1 | 9,6 | 10,0** | 12,7** | RFA |
Tre Jones | Guard | 9,1 | UFA | - | - | - |
Jeremy Sochan | Forward | 5,6 | 7,1** | RFA | - | - |
Malaki Branham | Guard | 3,2 | 5,0** | RFA | - | - |
Julian Champagnie | Forward | 3,0 | 3,0 | 3,0** | UFA | - |
Blake Wesley | Guard | 2,6 | 4,7** | RFA | - | - |
Charles Bassey | Center | 2,1 | UFA | - | - | - |
Sandro Mamukelashvili | Forward | 2,1 | UFA | - | - | - |
Sidy Cissoko | Guard | 1,9 | 2,2*** | RFA | - | - |
* Spieler-Option, ** Team-Option, *** nicht garantiert, UFA = Unrestricted Free Agent, RFA = Restricted Free Agent
Noch befinden sich die Spurs im Rebuild, auch wenn sich andeutet, dass Wemby bereits so gut ist, dass dieser langsam beschleunigt werden könnte. In dieser Saison dürfte es vor allem darum gehen, die Spieler zu identifizieren, die auch in der Zukunft in den Planungen der Franchise eine Rolle spielen werden.
Devin Vassell scheint dazuzugehören, er unterschrieb bereits im Vorjahr eine Extension. Vielmehr richtet sich der Fokus auf Jeremy Sochan. Das Experiment mit dem Polen auf der Eins wurde inzwischen beerdigt, stattdessen wird Sochan wieder auf die Vier rücken. Sein wackliger Wurf ist noch ein Problem, an der Seite von Wembanyama ist das aber zunächst einmal zu verschmerzen, da der Youngster darüber hinaus ein guter und vielseitiger Verteidiger ist.
Dieses Trio (plus der frisch gedraftete Castle) scheint für den Moment der Kern der Spurs zu sein, darum gilt es nun, die passenden Teile zu finden. Ob das Keldon Johnson sein wird, ist anzuzweifeln. Der Forward ist nichts besonders effizient und scheint nicht wirklich zu passen. Als Trade-Chip könnte er aber eine Rolle spielen.
Überhaupt sind die Spurs bestens für einen Blockbuster-Trade gerüstet, um mittelfristig einen weiteren Star an die Seite von Wembanyama zu stellen. Durch diverse Trades haben die Spurs neben ihren eigenen Erstrundenpicks noch sechs weitere First Rounder sowie diverse Swap Rights und zahlreiche Zweitrundenpicks in der Hinterhand.
Im Vorjahr war der Backcourt das große Problem der Spurs, mit Paul und Tre Jones hat das Team von Gregg Popovich nun zwei zuverlässige Ballhandler, die jedoch keine Scorer sind. Es fehlt ein offensiver Go-to-Guy neben Wembanyama, der vermutlich wieder jede Menge ausprobieren darf. Im Idealfall ist Vassell die Nummer zwei, perspektivisch ist der 22-Jährige aber eher die dritt- oder viertbeste Option bei einem Team mit Championship-Ambitionen.
Zumindest können die Spurs mit Paul-Vassell-Barnes-Sochan-Wembanyama eine sinnvolle Starting Five ins Rennen schicken, dahinter gibt es aber noch viele Fragezeichen. Ein guter Backup-Center hinter Wemby wäre wünschenswert, auch auf dem Flügel fehlt für den Moment noch NBA-Qualität. Für ein Team wie San Antonio ist das nicht tragisch, noch hat die Franchise Zeit, um diese Lücken mittelfristig über verschiedene Wege zu füllen.
22 Spiele gewannen die Spurs im Vorjahr, vermutlich werden es kommende Saison ein paar mehr. Wembanyama wird diesmal ausschließlich als Center auflaufen, das wird vor allem defensiv enorm helfen. Im Verbund mit CP3 wird auch die Offense besser aussehen, dennoch sollte San Antonio hier eher im unteren Ligadrittel zu verorten sein.
Die Spurs haben das Problem, dass sie im Westen spielen, dort hegen mit den Ausnahmen Utah und Portland alle Teams Playoff-Ambitionen. Womöglich werden die Spurs in Phasen am Play-In-Tournament schnuppern, vor allem wenn Wembanyama schon jetzt den Sprung zu einem der besten 20 Spieler der Liga macht. Möglich ist das, man erinnere nur an die zweite Saison von Luka Doncic in Dallas. Realistischer ist es jedoch, dass die Spurs zwischen 30 und 35 Siegen landen. Für die Postseason reicht das (noch) nicht.
rar