03.02.2025, 15:47
Wembanyama und Fox neues Traumduo in Sacramento
Drei Teams haben für den zweiten Blockbuster-Trade innerhalb von zwei Tagen gesorgt. De’Aaron Fox spielt künftig neben Victor Wembanyama, Zach LaVine wiederum soll eine Lücke bei den Sacramento Kings füllen. Was hat der Deal für die beteiligten Teams zu bedeuten? Die Analyse.
Nach dem Luka-Doncic-Beben ist in der Nacht auf Montag bereits der nächste Domino-Stein umgekippt. Beziehungsweise mehrere: In einem Drei-Team-Trade legte sich Chicago endgültig auf einen neuen Kurs fest, während San Antonio seinen Spielpartner für Victor Wembanyama identifizierte und die Kings ein drohendes Problem frühzeitig lösten. Der Trade im Detail:
San Antonio bekommt: De’Aaron Fox, Jordan McLaughlin
Sacramento bekommt: Zach LaVine, Sidy Cissoko, 2027er Erstrundenpick (via San Antonio), 2031er Erstrundenpick (via Minnesota), fünf Zweitrundenpicks
Chicago bekommt: Zach Collins, Tre Jones, Kevin Huerter, 2025er Erstrundenpick (eigenen)
Dass die Bulls einen Schlussstrich unter ihre "Ära" der letzten Jahre ziehen wollten, hatte sich abgezeichnet, erst recht, nachdem sie die produktiven Veteranen DeMar DeRozan und Alex Caruso in der vergangenen Offseason ziehen ließen. Für LaVine (und nicht nur ihn) wurde seither ein Abnehmer gesucht, nun haben sie diesen endlich gefunden.
Natürlich müssen sich die Bulls vorwerfen lassen, dass sie diesen Schritt Richtung Neuaufbau viel zu spät eingeleitet haben. Chicago fristete länger als nötig in der Belanglosigkeit namens "Play-In-Range", ohne echte Perspektive, hatte gleichzeitig aber noch zu viel individuelle Qualität, um so richtig abzurutschen und sich neu zu sortieren.
Vielleicht haben sie das nun geändert. Schon über die letzten Wochen rutschte das eigentlich solide gestartete Team im Osten ziemlich ab und verlor neun der letzten zwölf Spiele (21-29 insgesamt), nun verlässt sie mit LaVine jemand, der in dieser Saison auf All-Star-Niveau agierte und ihnen einige Spiele im Alleingang gewann.
Der 29-Jährige nutzte diese Spielzeit, um nach den Verletzungen der letzten Jahre seinen Trade-Wert ein wenig zu reparieren. Dass der Wert noch immer nicht hoch war, zeigt diese Transaktion: Chicago bekam keinen Building Block für ihn zurück, keinen Perspektivspieler. Der Vertrag (noch rund 95 Mio. Dollar über die nächsten beiden Jahre) schreckte noch immer zu viele Teams ab.
Huerter und Collins verdienen kommende Saison jeweils noch 18 Mio. Dollar. In individuellen Deals hätten ihre abgebenden Teams vielleicht draufzahlen müssen, um diese Verträge loszuwerden (wobei zumindest Huerter theoretisch seinen Wert wiederherstellen könnte, wenn er seinen eigentlich guten Wurf wiederfindet).
Der einzige echte Gewinn für die Bulls in diesem Deal ist der Erstrundenpick - und es ist ihr eigener, den sie einst an San Antonio geschickt hatten, um DeRozan zu bekommen. Dieser war Top-10-geschützt (Top 8 in den beiden Jahren darauf), es bestand also eine echte Chance, über einen der nächsten drei Sommer einen Lottery-Pick an die Spurs zu verlieren.
Diese Chance besteht nun nicht mehr, immerhin. Richtig viel Zählbares ist das unterm Strich zwar nicht, zumindest ist bei den Bulls aber offensichtlich die Erkenntnis eingekehrt, dass es so nicht weitergehen konnte. Es scheint sehr gut möglich, dass im Laufe dieser Woche auch noch weitere Deals folgen werden, etwa von Nikola Vucevic und vielleicht auch Jones, den sie in ihrem nach wie vor ziemlich vollgestopften Backcourt wohl nicht brauchen werden.
Schon in der Offseason deutete sich an, dass ein Fox-Abgang ein Thema werden könnte, nachdem dieser keine Vertragsverlängerung in Sacramento unterschreiben wollte. Eine All-NBA-Teilnahme und damit die Aussicht auf einen Super-Max 2025 hätte ihn vielleicht umstimmen können; da Fox aber nicht einmal All-Star wurde, schien auch dies zuletzt immer unwahrscheinlicher.
Folglich hat Sacramento nun anderthalb Jahre vor Vertragsende die Reißleine gezogen. Richtigerweise, einerseits: Auch wenn die Kings seit dem Trainerwechsel unter Doug Christie besser performten (11-6), war dieses Team mit dieser Kernbesetzung im Mittelmaß gefangen. Den Spieler mit dem höchsten Tradewert dann abzugeben, ist nachvollziehbar.
Die Kings scheinen das aber ein wenig anders zu sehen. Mit LaVine bekamen sie einen Spieler zurück, der älter ist als Fox und sportlich keinen neuen Kurs repräsentiert; als dynamischer Scoring Guard ist er sogar eher eine Investition in den Status Quo. Er ist ein schwächerer Passer als Fox, aber ein viel besserer Shooter; vielleicht ergänzt er sich mit Domantas Sabonis offensiv sogar noch besser, mit DeRozan harmoniert er aus gemeinsamen Bulls-Jahren sowieso.
Finanziell erhalten die Kings durch diesen Deal vorerst etwas mehr Flexibilität, weil Huerters Vertrag ihre Bücher nicht mehr belastet. Die zusätzlichen Picks tun das ebenfalls; die beiden Erstrundenpicks sind wertvoll, die Second-Rounder sind das zumindest in der Summe (berichtet wurden drei Erstrundenpicks; der eine davon ist aber in der Realität der lottery-geschützte 2025er Hornets-Pick, aus dem im Sommer zwei Second-Rounder werden).
Sie könnten damit problemlos auch in dieser Woche noch weiter auf die Jagd gehen. Seit Monaten werden sie mit Cameron Johnson in Verbindung gebracht, auch Brandon Ingram wurde zeitweise gehandelt. Sie haben jetzt mehr Munition sowie zwei freie Kaderplätze, um ihr Team zu ergänzen.
Es ist andererseits fraglich, ob das Sinn ergibt … oder ob ein echter Rebuild, mit mehr Fokus auf Draft-Picks und junge Spieler, nicht ratsamer gewesen wäre. Mit LaVine statt Fox ist das Team nicht weniger festgefahren als vorher - ihre drei Top-Verdiener in LaVine, DeRozan und Sabonis sind schlechte Verteidiger. Einer davon (LaVine) erreichte in seiner Karriere erst einmal die Playoffs (und verlor in Runde eins), Sabonis kam über die erste Runde in vier Versuchen nie hinaus und spielte bei jedem Versuch deutlich schlechter als zuvor in der Regular Season.
LaVine hat darüber hinaus schon eine üppige Krankenakte; in der laufenden Saison spielte er bisher sehr gut, vergangene Saison jedoch schaffte er nur 25 Spiele. Über die Jahre hat er unter anderem mehrere Operationen am linken Knie (inklusive Kreuzbandriss) sowie am Fuß über sich ergehen lassen müssen.
Es ist nicht gesagt, dass er den Kings über die Dauer seines Vertrages (bis 2027) permanent Leistungen auf All-Star-Niveau geben kann. Und selbst wenn: Fox hat das über die letzten Jahre getan, ein Top-Team waren die Kings trotzdem nur (ansatzweise) in der 22/23er Saison, als sie überraschend Dritter im Westen wurden und dann in der ersten Runde ausschieden.
Mehr ist jetzt voraussichtlich auch nicht drin, sollten nicht noch weitere größere Moves folgen. Insofern: Auf der einen Seite haben sie sich rechtzeitig aus der Fox-Affäre hinausgezogen … auf der anderen Seite droht ihnen in der wesentlich stärkeren Western Conference trotzdem das Schicksal, aus dem sich die Bulls gerade zu spät hinausmanövriert haben.
Wemby hat bei den Spurs etwas früher als gedacht ein Feuer entfacht. Auf die bestmögliche Art allerdings: Die Leistungen des gerade 21-Jährigen sind so stark, dass sie eine Betätigung der "Forward"-Taste schon jetzt absolut rechtfertigen.
Zur Einordnung: In Wembys Minuten spielen die Spurs (21-25) vom Net-Rating her in dieser Saison wie ein 50-Siege-Team (+3,7). Dabei war sein konstantester Mitspieler bisher der fast 40-jährige Chris Paul.
Fox bringt den Spurs eine ganze Reihe von Dimensionen, die sie vorher nicht hatten. Er ist eine zweite Scoring-Konstante. Er ist ein Pick’n’Roll-Ballhandler, der mit seinem Tempo und seinem exzellenten Midrange-Game eine Gefahr für die Defense ausstrahlt, an die Paul seit Jahren nicht mehr ansatzweise herankommt.
Läuft er ein Two-Man-Game mit Wemby als Screener, muss die Defense auf beiden Seiten der Aktion schwere Entscheidungen treffen. Fox ist zudem ein exzellenter Closer - nicht unerheblich, bedenkt man, dass die Spurs in "Clutch" Situationen laut nba.com/stats mickrige 105,7 Punkte pro 100 Ballbesitzen auflegten und schon mehrfach Spiele verloren, die eigentlich gewinnbar erschienen. Fox ist eine gute Lösung für dieses Problem.
Ein großartiger Verteidiger ist er nicht, mit Wemby werden seine Gambling-Tendenzen vielleicht aber sogar zur Waffe werden; Fox holt traditionell viele Steals, hatte in Sacramento aber nie eine gute Absicherung hinter sich, wenn er sich mal verspekulierte. Jetzt hat er die beste Absicherung der Liga auf seiner Seite und kann umso aggressiver in Passwegen agieren.
Noch besser wäre der Fit, wenn er ein konstanterer Shooter wäre; in der laufenden Saison trifft Fox nur 32% von draußen, über 37% kam er noch nie. Mit 27 Jahren befindet er sich in seiner Prime und ist noch immer einer der schnellsten Spieler der Liga; wie sein Spiel altert, wenn sich dieser Speed etwas reduziert, wird sich noch zeigen müssen.
Aber fürs Erste hat er diesen Speed. Und die Spurs haben nicht alles auf eine Karte gesetzt, im Gegenteil. Sie haben noch immer eine Wagenladung Draft-Picks in den nächsten Jahren, unter anderen den kommenden wahrscheinlichen Lottery-Pick der Hawks. Sie haben in diesem Deal außer Tre Jones keinen Rotationsspieler und keins ihrer wichtigen jungen Talente abgegeben.
Ihre Flexibilität ist noch immer enorm - sie können in den kommenden Tagen noch nach (Shooting-)Upgrades auf dem Flügel suchen, die langfristig nötig sein werden (die Kollegen Stephon Castle und Jeremy Sochan sollten fleißig werfen üben!), oder eine große Lösung im Sommer finden. Sie können den Fit zwischen Fox und Wemby in Ruhe evaluieren, ehe sie Fox, der sich einen Wechsel zu den Spurs explizit gewünscht hatte, einen neuen Vertrag unterbreiten.
Und sie können Druck ausüben. San Antonio ist nun nicht auf einen Schlag ein Top-Team, Play-In-Platz 10 (belegt von … Sacramento!) ist aber auch bloß zwei Spiele entfernt. In jedem Fall haben die Spurs ihre Chance erhöht, in dieser Spielzeit ein Wörtchen mitzureden - und schon in der nächsten Saison scheint der Sprung zum echten Top-Team absolut möglich.
Ole Frerks