08.11.2024, 07:30
FCBB zittert bis in die Schlusssekunden
Mit Hängen und Würgen gewann der FC Bayern München auch das vierte Heimspiel in der EuroLeague gegen Zalgiris Kaunas. Am Ende entglitt der Mannschaft von Gordon Herbert das Spiel, doch letztlich stimmte erneut das Ergebnis.
"Durchhalten", schrie Hallensprecher Thomas Killian rund vier Minuten vor dem Ende in sein Mikrofon. Damit fing der Radiomann die Stimmung im SAP Garden gut ein. Das Überraschungsteam von Zalgiris kam Minute für Minute näher, die Litauer griffen sich plötzlich jeden Offensiv-Rebound ab und Ex-Bayern-Guard Sylvain Francisco fand plötzlich seinen Rhythmus.
Es war ein Nervenspiel, ähnlich wie gegen Paris, und wieder hatten die Bayern das Glück auf ihrer Seite, als Brady Manek nach einem absichtlich vergebenen Freiwurf von Francisco noch einmal von der Dreierlinie abdrücken konnte. Der US-Amerikaner vergab, die Bayern brachten einen 77:74-Arbeitssieg über die Zeit.
"Das war ein bisschen hässlich, aber wir haben uns durchgekämpft", meinte Bayern-Coach Gordon Herbert. Der Kanadier sprach dabei die offensichtlichen Dinge an. In Halbzeit zwei zwangen die Litauer die Bayern immer wieder ins Spiel im Halbfeld, die beste Offense der EuroLeague erlahmte und musste sich am Ende auf Einzelaktionen verlassen. Hier war es mal wieder Carsen Edwards, der im vierten Viertel der Bayern-Offense seinen Stempel aufdrückte.
Sein Treffer von der Mittellinie fühlte sich wie die Erlösung an, doch Kaunas steckte einfach nicht auf. In der Schlussminute war es dann wieder Edwards mit den wichtigen Plays. Ein abgeschlossener Drive, ein Strip unter dem Korb, ein Transition-Score sowie zwei verwandelte Freiwürfe machten den Topscorer (24 Punkte) wieder zum Matchwinner - den Dynamo, den die Bayern am Ende dringend benötigten.
So stehen die Bayern nun bei sechs Siegen, im Vorjahr brauchten die Münchner dafür vier Spiele mehr. Nach dem Wie fragt bald sowieso keiner mehr. "Dieses Spiel war eine Schinderei", befand Herbert, der aber auch anmerkte, dass gute Teams solche Partien eben auch gewinnen. Deswegen zog der Kanadier letztlich ein positives Fazit: "Wir sind weiterhin in einem Prozess, aber das Gute ist, dass wir uns in die richtige Richtung bewegen."
Und Kaunas? Dort bemängelte Ex-Bayern-Coach Andrea Trinchieri das schwache erste Viertel (nur sieben Zähler) und befand, dass sein Team dort "ohne jeglichen Charakter" gespielt habe. Zufall, dass da vor allem Neuzugang Lonnie Walker IV (0 Punkte, 0/8 FG) auf dem Feld stand? Vermutlich nicht, im vierten Viertel kam der frühere Guard der Los Angeles Lakers nicht mehr zum Einsatz.
Dennoch war sichtbar, warum Zalgiris trotz einer bestenfalls mäßigen Vorstellung noch immer an der Spitze der EuroLeague thront. Diese Mannschaft trägt Trinchieris Handschrift, sie ist zäh, tough und hat mit Francisco einen herausragenden Einzelspieler, der jederzeit explodieren kann. Zum Glück der Bayern kam diese Explosion diesmal zu spät, zusammen mit den FCBB und Paris sind die Litauer aber die Überraschungsmannschaft einer bislang sehr unterhaltsamen EuroLeague-Saison.
Robert Arndt